Stolberg. „Eigentlich war ich heute nicht ganz so gut in Form“, gesteht Vadim Sichwardt, Teilnehmer und Organisator der siebten Deutschen Kettlebell-Sport Meisterschaft. In seiner Doppelfunktion habe er „den Kopf nicht ganz frei gekriegt“, sagt er. „Dann denkt man an alles. Ob denn auch alles am richtigen Platz ist oder die Kampfrichter wissen, wo sie hin müssen.“ Trotzdem konnte sich seine Leistung sehen lassen: Er war in seiner Gewichtsklasse im Reißen der beste Teilnehmer.
Zum ersten Mal wurde die Deutsche Meisterschaft im Kettlebell-Sport in Stolberg ausgetragen. 175 Mal katapultierte Sichwardt dabei eine 24 Kilogramm schwere Kugelhantel von seiner Schulter in die Höhe – in zehn Minuten. Am Ende des Tages sollte das auch das beste Ergebnis für die Stolberger Turngemeinde sein. Ein Erfolg war das Event für den Ausrichterclub trotzdem.
Können bewiesen
Insgesamt haben 75 Athletinnen und Athleten in der Sporthalle am Glashütter Weiher, die eigentlich Heimat der Stolberger Handballer ist, ihr Können an der Kugelhantel gezeigt. Aus ganz Deutschland reisten sie an, um sich den nationalen Titel zu erkämpfen.
Neue Athleten
Es war der erste Meisterschaftskampf, der nicht in Hamburg ausgetragen wurde. Dass die Kupferstadt den Zuschlag bekommen hat, freute nicht nur die Trainingsgruppe der Stolberger Turngemeinde, sondern auch Top-Athleten – wie zum Beispiel Olivia Rasigraf. Sie ist, inklusive ihrem Titel am Wochenende, dreifache Deutsche Meisterin im „Snatch“. „Es haben so viele neue Athleten hier mitgemacht, das ist super. Für die Meisterschaft und den Sport in Deutschland.“
Auch wenn es bei der Deutschen Meisterschaft um Pokale, Urkunden und die Qualifikation für die Europameisterschaft im nächsten Monat in Lettland ging, war von eigensinnigem Denken keine Spur. Mitkonkurrenten wurden für gute Leistungen abgeklatscht und während des Durchgangs sogar angefeuert. Mehr wirkte es so, als sei der Wettkampf Nebensache. Am Spielfeldrand wurden viele Gespräche geführt, Tipps fürs Training gegeben und gelacht.
In über 20 sogenannten Flights, also Durchgängen, mit bis zu fünf Sportlern mussten innerhalb von zehn Minuten so viele Wiederholungen einer Übung mit einem Gewicht durchgeführt werden wie möglich. Ein Handwechsel war erlaubt, rutschte die Hantel jedoch aus der Hand oder ging schlichtweg die Kraft aus, war dann natürlich auch schon einmal früher Schluss.
Eine Blessur
Da Kettlebell-Sport eine Gewichthebersportart ist, wurde der Wettkampf auch unter dem wachsamen Auge des Deutschen Roten Kreuzes abgehalten. „Es ist aber alles ruhig geblieben für uns. Wir hatten nur eine kleinere Blessur zu behandeln“, sagte Ersthelfer Marcus Führ. „Ich selbst würde mich aber nicht an die schweren Dinger trauen.“
Mit der Meinung ist er nicht allein. Auch Ralph-Peter Bernhard, Vorsitzender der Stolberger TG, hat sich noch nicht an das Sportgerät getraut. „Ich glaube, da würde ich mir den Rücken kaputt machen.“ Auf seine aktiven Mitglieder ist er aber sehr stolz, vor allem freut ihn aber die rasante Entwicklung der jüngsten Abteilung des Vereins: „Wir sind mit drei Sportlern gestartet, heute trainieren 15 regelmäßig bei uns und wir richten einen nationalen Wettbewerb aus. Das ist großartig. Bald wird der Trainingsraum schon zu klein für die Gruppe sein.“
Passend zu dieser Entwicklung war die Tatsache, dass zehn der heimischen Trainingsgruppe auch an der nationalen Meisterschaft teilgenommen haben. So auch der jüngste Wettkämpfer an diesem Tag, Marcel Weilerscheidt. Der 15-Jährige ist erst seit Anfang des Jahres Teil des TG-Teams und war mit nur einem Ziel an den Start gegangen: besser sein als im Training. Und das hat am Ende gut geklappt.
Sehr zufrieden
Beim Stoßen schaffte er mit einem zwölf Kilogramm schweren Gewicht 50 Wiederholungen, beim Reißen gelangen ihm 100 saubere Abläufe. „Damit bin ich sehr zufrieden.“ Eine weitere Premiere war auch die Teilnahme eines Paralifters. Es war der erste offizielle nationale Wettbewerb in dieser Klasse. Und natürlich kam der Sportler ebenfalls aus Stolberg.
Auch wenn es für den Großteil der TG nur für eine Urkunde gereicht hat, ist sich Weilerscheidt mit seinen Teamkollegen über eins einig: „Wir werden weiter trainieren, um im nächsten Jahr erneut unsere Bestleistungen zu schlagen.“
„Bald wird der Trainingsraum schon zu klein für unsere Gruppe sein.“
Ralph-Peter Bernhard,
Vorsitzender der TG Stolberg