Unzählige Tonnen mit Muskelkraft bewegt

16.04.2018 von Karl-Heinz Stolz

Quelle: Stolberger Nachrichten vom 16.04.2018; http://epaper.zeitungsverlag-aachen.de/

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Von Dirk Müller  

Stolberg. Sein Händedruck ist kräftig, sein Atem ruhig. Für Normalsterbliche kaum zu glauben, weil Vadim Sichwardt heute schon mehr als 7,2 Tonnen bewegt hat – mit purer Körperkraft und in zweimal zehn Minuten – was ihm seinen fünften Deutschen Meistertitel eingebracht hat. 


Der Stolberger nimmt in der Disziplin Biathlon an der Deutschen Meisterschaft im Kettlebell teil, die von der Stolberger Turngemeinde und ihrer Kettlebell-Gruppe in der Sporthalle Glashütter Weiher ausgerichtet wird. Zunächst gilt es, beim Stoßen die 24 Kilogramm schwere Kugelhantel bis zur Schulter zu heben und dann über den Kopf zu stoßen, bis der Arm durchgestreckt ist.


Paradedisziplin Reißen
Das gelingt Sichwardt 105 Mal innerhalb der zehn Minuten, die den Wettkämpfern zur Verfügung stehen. Seine Paradedisziplin aber ist der zweite Teil des Biathlon: das Reißen. Dabei wird die Kettlebell genannte Kugelhantel in einer einzigen Bewegung in die Höhe befördert. Der Stolberger Kettlebell-Aktivist führt dies in zehn Minuten 196 Mal bis zur Erschöpfung vor, scheint aber nach nur wenigen Minuten wieder völlig regeneriert zu sein. Ebenso wie sein Teamkollege Roger Fabeck, der in der selben Disziplin die Bronzemedaille erreicht.


Wer jetzt denkt, die Kettlebell-Sportler seien nur harte Kerle, hat allerdings nicht so ganz recht. Denn auch die Jugend erbringt enorme Leistungen, und bei der Deutschen Meisterschaft gehen auch starke Mädchen und Frauen an den Start. Bestes Beispiel ist Nadezda Kozlov. Die Sportlerin der Stolberger Turngemeinde gewinnt zunächst die Deutsche Meisterschaft in der Diszplin „Langer Zyklus“, wird danach noch Deutsche Vizemeisterin im Reißen und absolviert obendrein noch einen Halbmarathon. Das heißt, sie stößt 30 Minuten lang eine 16 Kilo Kugelhantel – und bewegt noch mehr als 5,3 Tonnen zusätzlich, denn sie schafft 333 Wiederholungen.


Dass im Inneren der Sporthalle Glashütter Weiher eine Deutsche Meisterschaft stattfindet, lässt sich schon außen erahnen, wenn man beim Blick auf die Kfz-Kennzeichnen rätselt, woher die Fahrer wohl kommen. Aus ganz NRW haben die Sportler den Weg nach Stolberg gefunden, ebenso wie aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, aus Hessen, Baden-Würtemberg und Bayern oder aus Bremen und Hamburg. Karsten Bollert, Präsident des Bundesverbands Deutscher Kettlebell Sportler (BVDKS), ist mit einigen Aktiven aus Berlin angereist. 


Je nach Alter, Körpergewicht, Geschlecht und Klasse reißen und stoßen die Aktiven Kugelhanteln ab acht Kilogramm

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Gewicht, die schwersten Kettlebells bringen 32 Kilogramm auf die Waage. Insgesamt nehmen 82 Sportler aus ganz Deutschland an den Wettkämpfen in Stolberg teil. „Das zeigt die positive Entwicklung im Kettlebell-Sport. Als ich vor zehn Jahren in Hamburg an der Deutschen Meisterschaft teilgenommen habe, waren wir fünf Sportler“, sagt Sichwardt. Und auch in der Kupferstadt ist die Entwicklung der Sportart durchaus rasant. Innerhalb der Stolberger Turngemeinde gründete Sichwardt vor gut zwei Jahren die Kettlebell-Gruppe mit drei Aktiven. 


Elf Stolberger am Start
Bald darauf wurde er Vizepräsident im Bundesverband und holte die Deutsche Meisterschaft nach sechs Jahren in Hamburg in die Kupferstadt. Jetzt fand sie zum zweiten Mal am Glashütter Weiher statt. Elf Stolberger nahmen teil; die jüngste Kupferstädter Sportlerin war Kristina Sichwardt (14), die sich ebenso stark präsentierte wie die anderen Kupferstädter „Beginner“ Sarah Vaßen, Celina Weilerscheidt, Oliver Goldbach und Edgar Endres. Ebenfalls bemerkenswert sind die Leistungen der Paralifter Vladimir Derevyanko und Jewgenij Seip, und die Altersspanne im Stolberger Team reichte bis zum 52-jährigen Waldemar Grinjuk, der die Bronzemedaille bei den Biathlon-Senioren einheimste. 


„Insgesamt zählt unsere Gruppe inzwischen sogar 18 Sportler“, erklärt Sichwardt und hat noch eine Überraschung auf Lager: „Wenn vom 10. bis 14. Mai die Kettlebell-Europameisterschaft in Ungarn stattfindet, gehen dabei auch vier Stolberger Sportler an den Start.“


Doch zuerst gab es die Deutsche Meisterschaft, und die Stolberger Turngemeinde erwies sich zum zweiten Mal als sehr guter Gastgeber. Die Veranstaltung war bestens organisiert, an Cafeteria und Imbiss-Wagen konnten Zuschauer und Aktive sich stärken, und besonders das Rahmenprogramm konnte sich hören und sehen lassen. Die Darbietungen der Big Band vom Ritzefeld-Gymnasium, „Crack Field Stompers“, der Tanzschule „Not just Dancing“ und der Einrad-Gruppe der Stolberger Turngemeinde begeisterten unter anderem auch Gerd Schnitzler, Vorsitzender des Stadtsportverbands, Bürgermeister Tim Grüttemeier und den Ersten Beigeordneten, Robert Voigtsberger.

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